Felix Tobler

Die Hochfürstlich Esterházische Zentralverwaltung vom Ende des 17. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. 1995.

(Részletek)

 

Paul Esterházy gab dabei den damaligen (1713) Schätzwert der von ihm erworbenen Güter, für die er 2.651.680 fl ausgelegt hatte, mit 3.670.600 fl und den Gesamtwert seines beweglichen und unbeweglichen Vermögens mit 10.566.000fl an.'

Innerhalb dieses umfangreichen Güterkomplexes unterschied man zunächst zwischen den sogenannten ,,oberen Herrschaften", worunter die im burgenländisch-westungarischen Raum liegenden Herrschaften und Güter verstanden wurden. Diese wurden wegen ihrer hauptsächlich deutschen Bevölkerung auch als ,,deutsche Herrschaften" bezeichnet. Im Gegensatz dazu bezeichnete man die Güter und Herrschaften südlich des Plattensees, die im Ozoraer Distrikt zusammengefaßt waren, zusammen mit den in Ober- und Ostungarn gelegenen Gütern und Herrschaften als ,,untere Herrschaften". Obwohl die Herrschaften keineswegs überwiegend von magyarischen Untertanen besiedelt waren - in den oberungarischen Herrschaften überwog das slowakische Bevölkerungselement eindeutig - bezeichnete man diese Herrschaften vielfach auch als ,,ungarische Herrschaften".

Als Fürst Michael Esterházy bereits am 24. März 1721 ohne Hinterlassung männlicher Erben frühzeitig verstarb, wurden die beiden Majorate in der Hand seines Bruders Josef wiedervereinigt, doch folgte Fürst Josef seinem Bruder bereits zweieinhalb Monate später ins Grab nach, sodaß das Fideikommiß auf den älteren seiner beiden Söhne, Paul II. Anton (1711- 1762) überging. Bis zur Erreichung der Großjährigkeit (im jahre 1734) des jungen Fürsten führten seine Mutter Maria Oktavia, geborene Gilleis, sein Onkel Graf Georg Erdödy und Graf Gundacker Thomas Starhemberg die vormundschaftliche Verwaltung der Güter. Da die Fürstin Maria Oktavia und Graf Starhemberg den Grafen Erdődy mit der Führung der laufenden Agenden der Tutoratsverwaltung bevollmächtigten und sich nur wichtigere Angelegenheiten zur Mitentscheidung vorbehielten, wurde, da Graf Georg Erdődy als Präsident der Ungarischen Kammcr in Preßburg meist unabkömmlich war, daselbst eine eigene Tutoratskanzlei eingerichtet, welche die praktischen Arbeiten der Tutoratsverwaltung besorgte. Als wichtige Maßnahme für die weitere Entwicklung der Esterhazyschcn Zentralverwaltung erwiesen sich die von der Tutoratsverwaltung begründeten Inspektorate.

Mit der Ernennnng von Paul Eötvös zum Inspektortor als Nachfolger von Palkovics erfolgte 1768 eine Veränderung bei den zwei oberen Inspektoraten: Schmiliar erhielt zu seinem Inspektorat neu hinzu die Herrschaft Kapuvár (mit Süttör), trat hingegen Kobersdorf, Schwarzenbach und Lackenbach an Eötvös ab. Als nachfolger Schmiliars als Eisenstädter Inspektor fungierte von 1777 bis 1789 Michael Németh. Das 1764 dem Inspektor Palkovics und ab 1768 dem Inspektor Eötvös zugeteilte vormalige Alsólendvaer Inspektorat wurde zunächst meist als Lockrnhauser Inspektorat, nach 1782, nach welchem Zeitpunkt Eötvös vom Günser Schloß aus amtierte, als Güinser Inspektorat bezeichnet. 1769 wurde die Herrschaft Csobánc vom Alsólendvaer Distrikt abgetrennt und dem Ozoraer Distrikt zugeteilt. Dem dritten Inspektorat wurden 1722 die Herrschaften Alsólendva, Dombovár, Pincehely, Kaposvár, Csobánc und das Gut Keszthely zugeteilt. Dieses Inspektorat, das ab 1750 seinen Sitz in Ozora hatte, umfaßte meist die Herrschaften und Güter um den Plattensee und war in seiner Zusammensetzung bis 1848 stärkeren Änderungen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, unterworfen. Das vierte Inspektorat umfaßte 1722 die in Ober- und Ostungarn gelegenen Herrschaften Léva, Végles, Szádvár, Szalonta und Derecske und hatte seinen Sitz in Léva.

In den Jahren 1731 und 1733 wurden von der Tutoratsverwaltung mehrere verpfändete Ortschaften im Komitat Hont ausgelöst, daraus die Herrschaft Ipolypásztó gebildet und dem Inspektorat Léva unterstellt. Infolge von Neuerwerbungen und Auslösungen verpfändeter Herrschaften und Güter kam es zur Gründung weiterer Inspektorate im Bereich der ober- und ostungarischen Herrschaften. Neben Léva bestanden seit dem Ende der achtziger Jahre des 18. Jhs. noch Inspektorate mit dem Sitz in Bittse bzw. Derecske. 1746, nach der Gründung der Eisenstädter Wirtschaftsdirektion, wurden die damals in den Inspektoraten Léva und Derecske zusammengefaßten ober- und ostungarischen Herrschaften wiederum in drei Inspekrorate aufgegliedert. Zum Inspektorat Léva gehörten nunmehr die Herrschaften Léva, Ipolypásztó und Buják, zum Inspektorat Bittse die Herrschaften Bittse, Sztrécsen und Végles und zum Inspektorat Derecske die Herrschaften Derecske, Kisvárda und Szádvár.

Um die Jahrhundertwende kam eserneut. zu starken Veränderungen in der Inspektoratseinteilung. Im Jahre 1807 gab es 6 Distrikte bzw. Präfektorate und zwar: Eisenstadt (mit den Herrschaften Eisenstadt, Hornstein, Pöttsching, Forchtenstein, Kobersdorf und Schwarzenbach)

Eszterháza (mit den Herrschaften Kittsee, Süttör, Frauenkirchen, Kapuvár, Lackenbach und Deutschkreutz)

Alsólendva (mit den Herrschaften Lockenhaus, Güns, Nempti, Alsólendva und Csobánc)

Ozora (mit den Herrschaften Ozora, Dombovár, Kaposvár und Szentlörincz)

Léva (mit den Herrschaften Léva, Ipolypásztó und Buják)

Derecske (mit den Herrschaften Bittse, Sztrécsen, Végles, Szádvár, Kisvárda und Derecske)

Bis 1828 änderte sich an der angeführten Inspektoratseinteilung nur insofern etwas, als das Derecskeer Inspektorat analog der bereits in den Jahren nach 1796 bestandenen Einteilung wieder auf zwei Distrikte, nämlich den Bittseer (mit den Herrschaften Bittse, Sztrécsen und Végles) und Derecskeer (mit den Herrschaften Derecske, Kisvárda und Szádvar) aufgeteilt war, sodaß es damals insgesamt sieben Distrikte gab. An dieser Inspektoratseinteilung änderte sich bis 1848 nichts mehr.

 

Seit der Mitte dcs 18. Jhs. Gewannen zwei Organe innerhalb der Esterházyschen Zentralverwaltung zunehmend an Bedeutung fiir die Gesamtdomäne, die hier kurz angeführt seien. Angesprochen ist hiemit zunächst das Esterházysche Familienarchiv, dessen Bestände vor allem aufgrund der öffentlichen Funktionen der Familienmitglieder (vor allem kamen hier die Palatinate von Nikolaus und Paul zum tragen) und durch die gewaltigen Gütererwerbungen Pauls I. stark anwuchsen. Zu einer entscheidenden Wende in der Geschichte des Archivs kam es unter Fürst Paul II. Anton. Im November 1749 gab er eine Instruktion für die Verwaltung, Ordnung, Registrierung und Verwahrung des fürstlichen Archivs heraus und ernannte Johann Schmiliar zum ersten hauptberuflichen fürstlichen Archivar. Mit der Errichtung eines amtsmäßigen Archivs wurden vor allem die Bedürfnisse der grundherrschaftlichen Verwaltung wahrgenommen,daneben spielten auch externe Umstände eine wesentliche Rolle. Unverändert bestanden die klassischcn primären Aufgaben eines grundherrschaftlichen Archivs, nämlich die Bcreitstellung und Entlehnung von Urkunden und Akten für Prozesse sowie deren Verwendung zur Wahrung und Geltendmachung der grundherrschaftlichen Rechte.

Am 28. März 1762 war Fürst Paul II. Anton gestorben und es folgte ihm, da er keine männlichen Erben hinterlassen hatte, sein Bruder Nikolaus I. Joseph als Majoratsinhaber nach. Als Graf Herbeviller ebenfalls im Laufe des Jahres 1762 starb, nahm dies der neue Majoratsinhaber zum Anlaß, mit der Einführung des Regentenamtes eine neue Spitzenfunktion in der Verwaltung des Majorates einzuführen. Für die unteren Herrschaften wurde 1763 Josef Hartwig zum Regenten ernannt. Ihm unterstanden die Herrschaften um und südlich des Plattensees sowie die ober- und ostungarischen Herrschaften. Er wurde in der Regel als ,,ungarischer Regent" bezeichnet. Für die oberen Herrschaften (mit Schwarzenbach) ernannte Fürst Nikolaus I. im selben Jahr Ludwig Peter Rahier, der vorher die militärische Laufbahn eingeschlagen hatte, zum Regenten. Er wurde in Unterscheidung zu seinem Amtskollegen auch als "deutscher Kegent" bezeichnet. Gleichzeitig führte Rahier bis 1765 meist den Vorsitz in den Sitzungen der Kommission, ohne jedoch formell jemals zum Kommissionspräsidenten ernannt worden zu sein. In einer fast gleichlautenden Instruktion wurden die Aufgaben und Kompetenzen der beiden Regenten festgelegt. Ihnen oblag demnach die oberste Leitung und die Visitation der ihnen unterstellten Herrschaften in periodischen Abständen, die Beseitigung nachteiliger Umstände für deren Wirtschaftsführung, die Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen und die Aufsicht über das Beamtenpersonal von den Inspekoren abwärts. Wie es die Instruktion wörtlich fommuliert, sollten also die Regenten ,,mit einem Wort all ihr Tun und Lassen dahin richten, daß die Wirtschaft und unser (sc. des Fürsten) Nutz in allen Herrschaften in beste Ordnung gebracht, die bereits eingeführte gute Veranstaltung erneuert und die Einkünften wo immer nur möglich, jedoch ohne Beschwernus der Untertanen promovieret werden mögen." Die beiden Regenten waren unmittelbar dem Fürsten unterstellt und nur an dessen Weisungen und die Beschlüsse der Kommission gebunden. Sie hatten gegenseitig und mit dem Generalanwalt ein gutes Einvernehmen zu pflegen.

Der Fürst hielt sich insbesondere Gnadenerweise in Bargeld und Naturalien, Erhöhungen der Deputate der Beamten und die Ernennung, Versetzung und Entlassung von Beamten vor. Den Regenten oblag insbesondere die Obsorge über die herrschaftlichen Gebäude und deren Reparationen, die Aufsicht über das Forstwesen und die Schlichtung von Hotterstreitigkeiten. Die Aufnahme der Amtstätigkeit durch die beiden Güterregenten, die in der Folge einen Großteil der früher von der Kommission erledigten Aufgaben an sich zogen, führte dazu, daß die Kommission im Laufe des Jahres 1764 aufgehoben wurde. Im November dieses Jahres ordnete der Fürst an, daß die beiden Regenten und der Generalanwalt vierteljährlich in Eisenstadt oder Kittsee Sitzungen abhalten sollten, in welchen die wichtigsten laufenden Angelegenheiten der Domäne erörtert und hernach schriftlich ihm einberichtet werden sollten. Nach Möglichkeit wollte auch der Fürst persönlich an diesen Sitzungen teilnehmen. Ein Teil der Agenden der Kommission wurde ab 1771 den Herrenstühlen übertragen. Eine Verschiebung in den Zuständigkeitsbereichen der beiden Regenten ergab sich 1768, als die Herrschaften Alsólendva, Nempti und Csobánc aus der Regentie des ungarischen Regenten Hartwig ausgegliedert und der Regentie Rahiers zugeteilt wurden, wofür sich letzterer schon 1764 eingesetzt hatte. Bereits ein Jahr später quittierte der ungarische Regent Hartwig sein Amt und schied aus dem fürstlichen Dienst aus. Für ihn wurde vorläufig kein Nachfolger ernannt, sodaß die Funktion des ungarischen Regenten bis 1777 unbesetzt blieb. Im letztgenannten Jahre wurde dann der damalige Ozoraer Administrator Stefan von Nagy, der 1769 in den Dienst des fürstlichen Hauses getreten war (vorher war er Verwalter des Grafen Mercy in Hőgyész gewesen), zum Regenten der unteren Herrschaften ernannt. Das Regentenduo Rahier-Nagy amtierte bis 1781, in welchem Jahre Rahier unerwartet verstarb. Anstatt Rahier wurde kein Nachfolger ernannt, sondern Stefan von Nagy versah als Regent der Gesamtdomäne die Agenden Rahiers mit. Dieser Zustand, der später auch als ,,Nagysche Verwaltung" bezeichnet wurde, dauerte bis 1785 an. In diesem Jahre wurde Nagy nach einem langwierigen und gründlichen Untersuchungsprozeß wegen schwerer Veruntreuungen, die dem fürstlichen Haus einen Schaden von über 30.000 fl verursacht hatten, als Regent endgültig entlassen, nachdem er bereits 1779/80 vorübergehend suspendiert worden war

Im April 1788 beauftragte der Fürst "in reifer Überlegung dessen, daß ihm die Regierung seiner Geschäfte täglich schwerer wird", den mit ihm befreundeten Grafen Josef Georg Batthyány bis zu seinem Ableben mit der Leitung der Majoratsgeschäfte. Die Kommission blieb weiterhin bestehen und hatte ihre Berichte und Gutachten nunmehr dem Grafen Batthyány als Bevollmächtigtem des Fürsten zur Entscheidung vorzulegen. Der Fürst behielt sich nur die Gnadensachen, Erhöhungen des Personalstandes oder Gehaltserhöhungen der bestehenden Beamten, die Besetzung freigewordener Beamtenstellen oder die Kassierung derselben genauso vor, wie die Nachsicht bei Rechnungsmängeln und die Errichtung neuer Wirtschaftsgebäude. Als Pauschalbetrag für das vom Grafen zu unterhaltende Schreibpersonal wurden vom Fürsten jährlich 700 fl bewilligt.