Ingrid Haslinger

Vom fürstlichen Speisen: Tafelkultur und Tafelzeremoniell im ausgehenden 18. Jahrhundert (1995)

(Részletek)

 

Am fürstlichen Hofe unterschied man zwischen öffentlichen und nicht-öffentlichen Tafeln. Bei öffentlichen Tafeln speiste der Fürst entweder alleine oder mit seiner Gemahlin sowie Familienmitgliedern und hohen Würdenträgern. Die Tafel hefand sich in einem besonderen Raum des Palastes, erhöht auf einer Bühne, meist mit einem Baldachin überdacht. Für den Fürsten stand immer ein Lehnsessel mit Armstützen bereit; gewöhnlich erhielten die übrigen Gäste einfache Sessel.

Die Tafcl wurde von Lakaien unter der Aufsicht des Silberkämmerers, Tafeldeckers und/oder Küchenmeisters gedeckt. Sobald diese Arbeit beendet war, meldete der Hofmeister dem Fürsten, daß getleckt sei. Der Hofmeister und der Stabelmeister, der das Zeremoniell der Tafel leitete und auch darauf achtete, daß die Speisen von den Lakaien ordentlich in einer Reihe ins Tafelzimmer gebracht wurden, trugen als Abzeichen ihrer Würde einen Stab.

Der Hofmeister hegleitete den Fürsten ins Speisezimmer. Bevor er sich setzte, wusch er sich die Hände, wobei ein höherer Hofbeamter das Wasser aufgoß und das Becken hielt. Dieselbe Zeremonie fand nach Beendigung der Mahlzeit statt. In katholischen Fürstenhäusern folgte das Tischgebet - vor der Mahlzeit das Benedicite, nach der Mahlzeit das Deo gratias. Danach nahm der Fürst Platz, der Hofmeister rückte ihm den Stuhl und blieb während der Mahlzeit mit dem Stab in der Hand hinter ihm stehen.

Unter der Führung des Stabelmeisters, der seinen Stab in der Hand hielt, brachten Lakaien die Speisen zur Tafel; auf die Tafel gesetzt wurden die einzelnen Gerichte von Küchenmeister, Kämmerer, Mundschenk und Vorschneider. Eine weitere Aufgabe des Stabelmeisters bei der Tafel war, darauf zu sehen, daß alle im Speisesaal anwesenden Personen sich ruhig verhielten, damit die Mahlzeit des Fürsten störungsfrei verlief. Sobald der Fürst zu trinken wünschte, brachte der Mundschenk von der Kredenz auf einer Untertasse (,,Soucoupe") das Mundglas; eine zu seinem Gehilfen bestimmte Person trug die Weinkaraffe nach. Dann stellte der Schenk das Mundglas auf die Tafel, nahm die Karaffe und schenkte den Wein ein.Während der Fürst trank, hielt der Mundschenk die Tasse unter. Danach stieg der Mundschenk wieder von den Tafelstufen herab und wartete, bis der Fürst erneut trinken wollte. Die Tafel wurde von einer Darbietung vokaler oder instrumentaler Tafelmusik begleitet.

Erst nach dem Ende der Tafel, wenn der Fürst den Speisesaal verlassen hatte, durften auch die Beamten gehen. Danach wurde die Tafel abgeräumt. Wenn es sich um eine Familientafel handelte, war das Zeremoniell nicht so streng. Zur Bedienung während des Essens zog man Lakaien oder andere Bedienstete (z.B. Zuckerbäcker, Kellerbedienstete) heran. Im 18. Jahrhundert blieben häufig die Tafeln an einer Längsseite unbesetzt, damit das Personal, auch ,,Tafelaufwärter" genannt, bequem die Schüsseln auf den Tischen arrangieren bzw. austauschen konnte. Die Tafelaufwärter mußten stattlich sein (denn die Schüsseln und Terrinen waren sehr schwer) und ein angenehmes Äußeres besitzen, um den Tischgenossen nicht den Appetit zu verderben.

Rosny bezahlte auch die ·Rechnungen der Lieferanten für die fürstliche Küche und Zuckerbäckerei. Er war vom Zuckerbäcker (1768) zum Haushofmeister aufgestiegen. Überhaupt fällt auf, daß dem ,,Hausstand" der Fürsten Esterházy im18. Jahrhundert einige Franzosen angehörten (elf von dreiundvierzig Personen), was ganz der Orientierung und Ausrichtung der Hofhaltung und Tafelkultur nach Frankreich entsprach.

Neben der Küche und der Zuckerbäckerei, die für die Fürstenfamilie arbeitete, gab es auch eine Offiziersküche, wie die Existenz von deren Köchin, Elisabetha Siellin, belegt. Die Offiziersküche war für die Versorgung der Hausoffizierc zuständig, die sich während ihrer Dienstzeit nicht selbst mit Mahlzeiten versehen konnten und für die daher gekocht werden mußte. Auch die Stubenmädchen wurden verköstigt; ferner gab es noch einen ,,Leith Tisch", vermutlich für das wenig qualifizierte Personal. Wie an Fiirstenhöfen üblich, stand den Dienern ein Weindeputat zu, wenn sie Dienst hatten, wobei die Menge nach dem Dienstgrad gestaffelt war. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das deputat in Geld abgegolten. Ebenso erhielten die fürstlichen Dienstleute ein ,,Brodt und Brattelgeld".